Seit dem 28. April 1957 hat Erfurt kein Spiel mehr in Aue gewinnen können. Damals schoss der heute fast schon legendäre Siegfried Vollrath mit seinen beiden Toren, die damals noch unter dem Namen "Turbine" auflaufende Erfurter Mannschaft, zum bis heute letzten Auswärtssieg im Erzgebirge (2-0). Gelingt uns am Sonntag also im Duell der beiden ehemals dienstältesten Klubs der DDR-Oberliga ein Dreier, dann hätte dieser Erfolg eine historische Dimension.

Doch das wird schwer, sehr schwer sogar. Denn Aue geht nicht nur nach den Zahlen der Statistik als klarer Favorit in die Begegnung. Was sie in dieser Saison bislang aufzuweisen haben, ist mittlerweile schon atemberaubend. So haben sie in den 26 Spielen der laufenden Meisterschaft nur 14 Gegentreffer gefangen, was im deutschen Profifußball nahezu beispiellos ist. Nur Rekordmeister Bayern München steht hinten noch sicherer (11 Gegentore). Beim 2-0 Erfolg am letzten Wochenende in Rostock blieb man dabei schon zum 16 Mal ohne Gegentor. Nach Würzburg wartet damit eine noch undurchlässigere "Abwehrmauer". Man wird sie - wenn überhaupt - weniger mit dem "Presslufthammer" als mit Finesse durchstoßen können. Hier wird hoher Einfaltsreichtum unserer Mannschaft gefragt sein.

Der Dreier an der Küste war zudem für den FC Erzgebirge Aue bereits das zwölfte Ligaspiel in Folge ohne Niederlage. Die letzte Niederlage der Lila-Weißen datiert vom 23.10.16, als man ausgerechnet bei Werder Bremen II, aber mit sage und schreibe 0-4, unter die Räder kam. Das ist jetzt schon 4 Monate (!) her.

Aue ist außerdem neben Wiesbaden die einzige Mannschaft in der Liga, die z.H. noch nicht verloren hat. (nicht mitgerechnet ist dabei das Ausscheiden im DFB Pokal daheim gegen Heidenheim). Das alles sind beindruckende Fakten, keine Frage.

Das Geheimnis des Erfolges wird sicher viel mit dem ehemaligen Erfurter Trainer Pavel Dotchev zu tun haben.Doch ohne seine Stars, wie z.B. Torwart Männel, Regisseur Tiffert oder Abwehrchef Breitkreuz, die dem Spiel seiner insgesamt sehr homogenen Mannschaft einen qualitativen Mehrwert verleihen, wären die Erfolge, die scheinbar direkt in die 2. Liga zurückführen, wohl nicht möglich. Und die Sachsen, die sich bei all ihrer Kunst die sie auf den Rasen bringen, einzig im Abschluss ein wenig schwer tun, wollen gegen uns wieder zuschlagen. Auch wenn ihr Trainer, der bekanntlich vor einigen Jahren auch schon den RWE betreute, durchaus Sympathie für uns hegt:

Ich bin davon überzeugt, dass Erfurt in der Liga bleibt".

Aues Trainer Pavel Dotchev diese Woche in der TLZ

Demgegenüber sind wir, und das ist leider trotz unseres kürzlichen Erfolges in Stuttgart Fakt, zunächst einmal, gemeinsam mit dem Chemnitzer FC, das schwächste Auswärtsteam im Klassement. Aber unser Plus ist, dass die Mannschaft von Stefan Krämer einen kleinen Lauf zu haben scheint, denn 2 Siege hintereinander gab es schon lange nicht mehr. So wirkt dieser Tage vieles beim Training leichter und lockerer als noch vor einigen Wochen. Keine Frage: Die Mannschaft ist stabiler geworden, hat deutlich an Selbstbewußtsein zugelegt, wirkt gefestigter als noch vor Wochen. Von der Papierform her sind wir zwar der Außenseiter, aber das stört niemanden. Es gab schon oft Spiele, in denen keiner vorab auf die Rot-Weißen gesetzt hätte und dann überraschten sie plötzlich alle. Warum also nicht auch bei diesem schweren Auswärtsspiel am Sonntag im Erzgebirge? Ein Sieg hätte eine enorme Schubkraft für das Saisonfinale und wäre, wie beschrieben, ein Erfolg von historischer Tragweite!

Trainer Stefan Krämer lobt die "hohe Qualität des Gegners" und die Arbeit seines Kollegen Dotchev, aber er sagt auch: "Wir werden nicht nach Aue fahren und "schon vorher die weisse Fahne hissen". Er verweist zwar darauf, dass schon "viel zusammenpassen muss, um dort zu bestehen", aber chancenlos sieht er sein Team keineswegs. Intensiv haben er und seine Co-Trainer sich mit dem häufigen Systemwechsel der Auer beschäftigt. Gegen Würzburg liefen sie im 4-2-3-1 auf, beim Spiel in Rostock im 4-4-2. Seine Antwort darauf will er nach dem heutigen Training gefunden haben. Insgesamt ist er mit seiner Mannschaft, aber auch mit der Tatsache, dass nicht mehr nur vier Teams anscheinend gegen den Abstieg spielen, sondern mittlerweile deutlich mehr Mannschaften betroffen sind, zufrieden. "Es ist immer besser, wenn der Kreis größer ist".

Für den Ausflug ins Erzgebirge muss er auf Fabian Hergesell verzichten(Muskelfaserriss) und auch Tugay Uzan fällt weiter aus (Achillessehnenprobleme). Ansonsten sind alle fit. Auch Samir Benamar, der sich gegen Würzburg eine leichte Blessur zugezogen hatte. Luka Odak, der gerade seinen Vertrag beim RWE verlängert hat strahlte heute auf der Pressekonferenz große Zuversicht aus: "Wenn du vier Punkte von einem Abstiegsplatz weg bist, fährt es sich schon entspannter nach Aue".

Und noch etwas statistisches zum Schluss: Sollte Jens Möckel zum Einsatz kommen, dann wäre dies für den "alten Haudegen" sein 150 Einsatz für den RWE!

Das Spiel wird sowohl im MDR-Fernsehen, als auch vom RWE-Radio live übertragen. Auch der RWE-Ticker ist live vor Ort.


26.02.2016 \ 1. Mannschaft