Noch lange nach dem Schlußpfiff sangen die Erfurter Fans: "O wie ist das schön". So wie heute hatten sie ihre Mannschaft lange nicht mehr spielen sehen.
Dabei hatte es zunächst gar nicht so gut begonnen. Die Osnabrücker waren in den ersten Minuten tonangebend und belohnten sich schnell mit der eigenen Führung. Alvarez narrte die unaufmerksame Erfurter Abwehr, passte im rechten Moment auf Kandziora und der schob mühelos zum 0-1 ein (8.). Doch Erfurt ließ sich davon nicht schocken. Im Gegenteil. Die Gäste hatten den RWE nur geweckt. Zunächst noch etwas zögerlich, doch dann immer nachdrücklicher kamen die Krämer-Schützlinge in Fahrt und machten sich in kürzer werdenden Intervallen vor dem Gästetor bemerkbar. Eingeleitet wurden die Angriffe vornehmlich über die linke Seite, wo Brückner und Odak Druck machten. In der Folge kamen sowohl Aydin, als auch Kammlott gegen eine der besten Abwehrreihen zu Torchancen. Der VfL, in den letzten 13 Begegnungen nur mit einer Niederlage belastet, nun mit viel Defensivarbeit beschäftigt. Nur einmal gelang ihnen noch vor der Pause ein schöner, schnell vorgetragener Angriff. Ornatelli flankte in den Erfurter Strafraum, wo in der Mitte Menga und Alvarez nur ganz knapp verfehlten (25.). Ansonsten beherrschten die Rot-Weißen die Szenerie. Verdient daher auch der Ausgleich nach 34 Minuten. Nach einer Ecke von Aydin köpfte Möckel, der nach seiner tollen Leistung in der Vorwoche in Köln den Vorzug vor Laurito erhalten hatte, flach und unhaltbar ins linke Eck (34.).
Mit dem Remis ging es in die Halbzeit.
Was in den ersten 20-25 Minuten nach dem Seitenwechsel geschah, war dann fast unglaublich. Wie entfesselt kamen die Rot-Weißen aus der Kabine und legten einen Blitzstart hin. Odak flankte von links über Willers hinweg auf Kammlott, der bediente per Kopf Aydin, der wiederum aus Nahdistanz zur 2-1 Führung einnickte (46.). Und weiter ging die wilde Fahrt. Tyrala im Doppelpass mit Judt und der Kapitän, dessen Einsatz ja lange fraglich gewesen war, netzte aus 17 Metern flach links unten zum 3-1 ein (53.). Inzwischen lief der Ball bei Rot-Weiß wie am Schnürchen. Die Osnabrücker wirkten phasenweise wie gelähmt. Wäre Erfurt jetzt noch entschlossener zu Werke gegangen, dann hätte es heute ein Debakel für die Gäste geben können. Doch wie seinerzeit gegen Dresden, als man auch 3-1 führte und noch den Anschlusstreffer fing, so kam plötzlich der Gast - fast unvermittelt - wieder ins Spiel zurück. Nach einer Alvarez-Ecke übersprang Kandziora den mittlerweile für Brückner eingewechselten Bergmann, der auf 2-3 verkürzte und die Sache wieder scharf stellte (77.). Mit einer Riesenparade warf sich Klewin in der Schlussoffensive des VfL Groß schließlich noch entgegen, der aus nur fünf Metern Torentfernung unseren Keeper nicht überwinden konnte (83.). Ausgleichschance dahin - und auch das ist im Fußball nicht untypisch - der knock-out auf der anderen Seite. Aydin und Kammlott führten nach schulmäßigem Zusammenspiel die endgültige Entscheidung zum 4-2 herbei. Torschütze, mit seinem 12. Saisontreffer: Karsten Kammlott.
In der besten Phase, nach dem 3:1, waren wir nicht zielstrebig genug auf das 4:1 zu gehen. Unter dem Strich war es aber die beste Leistung unter meiner Führung. Wir müssen diese Leistung in den nächsten fünf Spielen bestätigen."
Stefan Krämer
Der Erfolg wr hochverdient. Erfurt über weite Strecken die klar bessere Mannschaft. Zuweilen verzückte das Team die Zuschauer im Stadion regelrecht. Osnabrück bekam erstmals in dieser Saison 4 Stück eingeschenkt und muss wieder um den Relegationsplatz bangen. Der Sieg bedeutet für den RWE zugleich einen Riesenschritt Richtung Klassenerhalt.