Es war kein Spiel für Leute mit schwachen Nerven. Aber in einer abwechslungsreichen Begegnung triumphierte schließlich der FC Rot-Weiß bei seinem Angstgegner und hielt die Schwaben dadurch im Abstiegskampf auf Distanz. Kammlott und Menz erzielten die Tore und Möckel feierte nach einem Jahr Verletzungspause auch noch sein Comeback.
Trainer Stefan Krämer hatte vor dem Spiel angedeutet, es werde wohl eine Partie auf Biegen und Brechen. Und der Trainer sollte recht behalten. Für das "Unternehmen Auswärtssieg" nahm er dabei ein paar überraschende Veränderungen vor. So stand heute nach langer Zeit wieder Klewin im Tor, der zuletzt am 12. September im Heimspiel gegen Aue den Erfurter Kasten bewacht hatte und danach von Domaschke abgelöst worden war. Außerdem kehrten Laurito und Menz zurück, wobei "Menzer" die rechte Abwehrseite besetzte und Odak dafür auf die für ihn eher ungewohnte linke Seite auswich. Nikolaou blieb zunächst auf der Bank. Höcher und Szimayer waren gar nicht erst nach Stuttgart mitgefahren.
Schon die Anfangsphase strapazierte die Nerven der rund 250 mitgereisten Anhänger auf das Äußerste. Denn kaum waren 6 Minuten gespielt, da foulte der Stuttgarter Mittelfeldspieler Rathgeb unseren einzigen nominellen Angreifer Kammlott im eigenen Strafraum und da war sie, die große Chance durch einen Strafstoss früh in Führung zu gehen.Tyrala trat an...und scheiterte an VfB-Keeper Uphoff! Der Kapitän hatte den Ball schlicht zu unplatziert geschossen und daher war es nicht schwer für Uphoff ihn zu halten. Nur zwei Minuten später ein Freistoss von Aydin, wieder lauerte Kammlott im gegnerischen Strafraum und diesmal zappelte die Kugel im Netz. Doch leider stand der ARD-Torschütze des Jahres bei seinem Treffer wenige Zentimeter im Abseits (8.).Statt einer frühen und klaren zwei-Tore-Führung also weiter 0-0. Doch unsere Mannschaft bewies auch nach diesen beiden Tiefschlägen, dass sie heute gewillt war drei Punkte mitzunehmen zu wollen. Abgesehen von den folgenden 4-5 Minuten, als man wegen der ausgelassenen Chancen noch etwas unter Schock stand, ließen die Jungs den Ball bald schon wieder gut durch die eigenen Reihen laufen, standen prima geordnet und störten stets geschickt jede Aufbauaktion des Gegners. Der enorme Einsatzwille der Mannschaft forderte aber auch schon früh ein Opfer, denn Judt musste bereits nach 18 Minuten verletzt das Feld verlassen und wurde durch Nikolaou ersetzt. Dann boten sich abermals Chancen zur Führung, doch sowohl Erb (kam in der 25. Min.einen Schritt gegen den Stuttgarter Torwart zu spät), als auch Benamar, der einen Freistoss aus großer Distanz an den Pfosten des VfB Gehäuses setzte, hatten Pech im Abschluss. Auch Kammlott scheiterte Sekunden vor dem Pausenpfiff nach einer zuvor schönen Kombination über Benamar und Tyrala schließlich noch einmal aus spitzem Winkel. So ging es - aus Erfurter Sicht - nur mit einem 0:0 in die Pause.
Nach dem Wechsel erwischten die Jungs von Stefan Krämer dann aber einen Traumstart. Über die rechte Seite drangen Brückner und Aydin vor, es folgte eine Flanke und Kammlott, am langen Pfosten lauernd, drückte den Ball nach zuvor so vielen vergeblichen Anläufen zum 0-1 über die Linie (48.). Nach Wochen der Ladehemmung (seinen letzten Treffer hatte er am 21. September letzten Jahres erzielt) markierte unser Center mit seinem 8. Saisontor endlich das erlösende Führungstor und bewies dabei wieder mal seinen unglaublichen Torriecher. Der VfB, der sich bis dahin praktisch keine ernsthafte Möglichkeit erspielen konnte, intensivierte jetzt seine Bemühungen und verbuchte in der 56. Minute immerhin einen Lattentreffer, bei dem Klewin nicht ganz sicher wirkte. Doch verpuffte das Strohfeuer der Schwaben bald wieder, weil Erfurt das Spiel schnell und entschlossen wieder an sich riss. In der 69. Minute dann das verdiente 0-2. Menz war der Torschütze. Sein Schuss von der Strafraumgrenze wurde noch so unglücklich abgefälscht, dass Uphoff keine Abwehrchance hatte. Verzweifelt anrennende Stuttgarter, bei denen Ex-Nationalspieler Cacau nur wenig Akzente zu setzen vermochte, wurden in der Schlussphase von Erfurt schulmäßig ausgekontert. Dabei versäumten es aber Aydin (81.), sowie der inzwischen nach einem Jahr Verletzungspause eingewechselte Möckel (83.) und Kammlott (88.) den Sieg fest zu machen und diesen zudem auch noch deutlich auszugestalten. Der fahrlässige Umgang mit diesen drei Riesenchancen brachte daraufhin plötzlich die Stuttgarter noch einmal in die Begegnung zurück. In der 90. Minute traf Ferati mit einem Sonntagsschuss in den Winkel und der bis dahin harmlose VfB war wieder dran. Nun bekam Rot-Weiß das Nervenflattern und in der 93. Minute rettete Klewin gegen Owusu den Sieg, als er dessen Schuss an den Pfosten lenkte. Doch dann war Schluss und bei Rot-Weiß sah man nur noch überschwenglichen Jubel.
Wir haben richtig gut angefangen. Es war eine Leistung aus einem Guss, mit einem richtig guten Spielaufbau. Wir hätten schon zur Pause führen müssen. Die spannende Schlussphase hätte man sich aufgrund der vielen vergebenen Torchancen sparen können. Am Ende war es ein absolut verdienter Sieg."
Stefan Krämer
Nach 14 jahren also endlich der erste Sieg gegen den VfB und der erste Auswärtssieg nach einem Jahr in der Liga. Nebenbei hatte die Truppe auch noch großartig gekämft und dabei auch noch gut gespielt und somit viel für das eigene Selbstbewusstsein getan. Nur die Chancenverwertung in den letzten Minuten vor Ende der regulären Spielzeit war nicht gut und wird dem Trainer nicht gefallen haben.Denn man hätte auch einiges für das Torverhältnis tun können.
Schön schließlich auch, dass an diesem erfolgreichen Abend sich auch Jens Möckel wieder zurückgemeldet hat.
Nun heißt es mit einer vergleichbar guten Leistung wie am heutigen Abend im nächsten Heimspiel gegen Würzburg nachzulegen. Dann sähe die Welt gleich wieder etwas anders aus.