Der SC Paderborn hat abenteuerliche Dinge hinter sich. Einem kometenhaften Aufstieg bis in die Bundesliga folgte der prompte Absturz. Nach kurzem Aufenthalt in der 2. Liga sind die Ostwestfalen nun in Liga 3 angelangt. Der Glamour-Faktor ist ab, denn auch Stefan Effenberg ist als Trainer schon lange nicht mehr da. Sein Nachfolger Rene Müller und die Mannschaft wollen sich nach einigen Rückschlägen zu Saisonbeginn möglichst schnell finden um nicht noch eine Liga tiefer abzurutschen. Aktuell steht das Team auf Rang 14. Sechs Punkte aus ebenso vielen Spielen haben sie auf dem Konto. Am Samstag in Erfurt geht es darum den Kontakt zum Mittelfeld nicht abreißen zu lassen. Eine Niederlage im Steigerwaldstadion würde für ganz dicke Luft beim SCP sorgen. Am Rande des schweren Tagesgeschäftes sorgte Stefan Effenberg via Zeitungsinterview nun auch noch für Gesprächsstoff. "Es war die härteste sportliche Niederlage meines Lebens", sagte er über seine Entlassung im März dieses Jahres. Eine vertraute Zusammenarbeit zwischen ihm und den Verantwortlichen im SC Paderborn, insbesondere zu seinem ehemaligen Präsidenten Finke, sei in seiner Amtszeit nicht möglich gewesen. Nie habe er wirklich gewusst, woran er sei und wie lange ihm sein Job noch garantiert wäre. Damit reagierte Effenberg mit "Zeitverzug" auf eine Äußerung Finkes vor einigen Monaten, der die Verpflichtung des einstigen Starspielers von Bayern München als "Fehler" bezeichnet hatte. Ganz nebenbei gab Effenberg auch noch einen Einblick darin, wie es zur Demission des damals für Paderborn und heute für uns spielenden Daniel Brückner kam. Er habe mit der Entscheidung der dreifachen Suspendierung von Mahir Saglik, Daniel Brückner und Srdjan Lakic im Winter nichts zu tun gehabt. Vielmehr habe Finke seinerzeit zu ihm gesagt: "Wir müssen ein Zeichen setzen und Sie werden das verkünden".

Im Nachhinein können wir Paderborn sogar dankbar sein, dass es so gelaufen ist. Denn Daniel Brückner ist einer der herausragenden Spieler unseres Teams. Seine antizipatorischen Qualitäten, sein unglaubliches Ballgefühl, seine Technik und sein Instinkt sind in der Liga selten. Vor allem auch dank seiner Klasse spielt Rot-Weiß bislang eine vorzügliche Saison. Daniel: „Ja, es macht gerade sehr viel Spaß mit Rot-Weiß und Samstag, da bin ich ehrlich, wird es für mich sicher ein sehr emotionales, ein besonderes Spiel werden“. Zu einigen Paderbornern hat er noch Kontakt. Etwa zum Physiotherapeuten. Und er überlegt, ob er die Gäste vor dem Spiel noch besucht. „Aber natürlich will ich die drei Punkte mit Rot-Weiß holen“, fügt er an.

Die will auch sein Trainer Stefan Krämer gerne haben. Nach den jüngsten Erfolgen ist seine Mannschaft prächtig drauf. „Das ist sogar unabhängig von den Resultaten würde ich sagen. Es herrscht einfach gute Stimmung und Harmonie in einem Team mit guter Mentalität. Mentalität ist sehr wichtig. Sie kann manchmal Qualität schlagen. Wobei ich nicht sagen will, wir hätten keine Qualität. Wir bringen vielmehr beides derzeit gut zusammen“, bilanziert der Trainer.

Dem kommenden Gegner traut er im Unterschied zu Paderborns Ex-Präsidenten Finke in dieser Saison noch viel zu. Er glaubt sogar, dass der SCP im Laufe der Spielzeit noch oben anklopfen kann. „Sie haben Qualität, haben mit zwei Neuverpflichtungen auch nochmal nachgelegt. Ich hoffe nur, dass sie sich nicht ausgerechnet schon am Samstag fangen werden“. Finke hatte dagegen in einem Interview mit dem „Westfalen-Blatt“ am Mittwoch gesagt: „Ich sehe in der Paderborner Mannschaft viel zu wenig spielerisches Potenzial. Mir fehlt in unserem Mittelfeld die Spielmacherfigur. Wir haben viele Zerstörer, aber niemanden, der ein Spiel aufbauen kann. Ich sehe auch nicht die Profis, die den absoluten Siegeswillen verkörpern. Die aktuelle Situation stimmt mich sehr traurig und ich mache mir größte Sorgen um den SCP“.

Sorgen macht sich Stefan Krämer dagegen im Augenblick „nur“ um Samir Benamar. Dessen Adduktorenprobleme lassen weder am Samstag noch in den kommenden 2-3 Wochen eine Rückkehr des offensiven Flügelflitzers zu. Eine aus dem Training resultierende kleinere Verletzung seines Torwarts Philipp Klewin sieht der Coach dagegen als nicht hinderlich für dessen Einsatz am Samstag an. Ansonsten ist der Kader bis auf Andre Laurito und Jens Möckel vollzählig.

Mit Bezug auf die Tatsache, dass Stefan Krämer einst mit großem Erfolg den ostwestfälischen Konkurrenten des SCP, den DSC Arminia aus Bielefeld trainiert hat, zwinkerte unser Trainer heute auf der Pressekonferenz mit den Augen, als er dem inhaltlichen Teil noch anfügte: "Ich habe ganz viele Fans von Arminia Bielefeld bei mir auf Facebook angetroffen, die uns beide Daumen drücken".

Erfurt und Bielefeld gegen Paderborn, da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen.

15.09.2016 \ 1. Mannschaft